Internationaler Tag der Menschenrechte 2013 - Clara Kessler

Redebeitrag von Clara Kessler auf der Domplatte im Rahmen der Aktion “Köln Leuchtet für die Menschenrechte”

Es gibt ein Sprichwort, das besagt, dass :“Wenn man spricht, man doch nur das was man bereits weiß wiederholt. Wenn man zuhört dagegen, kann man was neues lernen.” So möchte ich Ihnen hier und heute neues beibringen. Ich habe neulich von meinem Vater ein Wort gelernt, dieses Wort heißt “menscheln”. Was das wohl bedeutet? Er sagte: Überall wo es Menschen gibt, “menschelt” es. Das soll heißen, überall wo es Menschen gibt, zeigen sich Ungereimtheiten.

Wie sehr menschelt es heute überall?

Laut der allgemeinen Menschenrechtserklärung von 1948 hat ein Mensch das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet. Einer Studie zu Folge besitzt jedoch 20% der Menschheit 94% des weltweiten Reichtums. Gesundheit und Wohl für alle Menschen klingt angesichts dieser Zahlen utopisch.
300 Menschen besitzen so viel wie 3 Milliarden Menschen. Wenn diese 300 Menschen mir hier und heute zuhören würden, gäbe es auf der Domplatte mehr Reichtum als das Reichtum Indiens, Chinas, Brasiliens und der Vereinigten Staaten zusammen.
Industrieländer sind aktuell 80 Mal reicher als Entwicklungsländer. Im Durchschnitt besitzt also jeder einzelne von uns den selben Reichtum wie 80 Menschen in Afrika. Wie kann das sein, obwohl wir so viel Geld für unsere Patenkinder in Entwicklungsländern ausgeben? Entwicklungsländer erhalten jährlich rund 130 Milliarden Dollar von Industrieländern. Das ist unglaublich viel Geld. Wieso wächst trotzdem die Wohlstandskluft?
Große Unternehmen erzielen sehr viel Gewinn in Entwicklungsländern: Es gibt ausreichend Land, günstige Arbeitskräfte und attraktive Steuerermäßigungen. Der Gewinn bleibt allerdings nicht da, er geht stattdessen an Industrieländer. Zudem tilgen Entwicklungsländer seit Jahren Schulden, die schon mehrmals bezahlt wurden. Und dazu kommen jährliche Verluste durch Handelsregeln, die wiederum von Industrieländer vorgegeben werden.
Nun schauen wir uns das Gesamtbild an: 130 Milliarden Dollar zahlen Industrieländer an Entwicklungsländer jährlich, Entwicklungsländer zahlen jährlich 2000 Milliarden Dollar an Industrieländer zurück. Da wir über Geld sprechen, wo kommt Geld eigentlich her? Aus unserer Arbeit natürlich und auch in diesem Bereich werden stets Menschenrechte verletzt.
Das Recht auf Arbeit ist ein elementares Menschenrecht, wobei weltweit über 200 Millionen Menschen derzeit arbeitslos sind.
Eine Arbeit zu haben impliziert nicht unbedingt einen Lebensstandard, der Gesundheit und Wohl gewährleistet: Mindestlöhne werden nicht überall eingehalten und eine hochwertige und zugängliche Gesundheitsversorgung wird durch eine Festanstellung nicht garantiert. Eine Festanstellung bedeutet heutzutage in Deutschland im Durchschnitt 12,3 Überstunden pro Monat.
Eine britische Studie hat ergeben, dass regelmäßige Überstunden die Wahrscheinlichkeit an einer Depression zu erkranken, verdoppeln. Wie viele Überstunden machen wir denn? 2012 machten Arbeitnehmer in Deutschland rund 1,4 Milliarden Überstunden. Und im Durchschnitt wurden nur 25% dieser Überstunden bezahlt. Sie können sich das wie folgt vorstellen: Von 10 Überstunden die sie leisten werden ihnen lediglich 2,5 Stunden bezahlt. Ihr Recht auf Freizeit und Erholung wird durch unbezahlte Überstunden ersetzt. Wenn wir aber alle Überstunden in neue bezahlte Teilzeitstellen umwandeln würden, würden wir dabei die Arbeitslosigkeit in Deutschland um 66% reduzieren und nebenher sogar Therapiekosten sparen.

Nicht nur Arbeit soll Gesundheit und Wohlstand sichern, die allgemeine Menschenrechtserklärung fordert außerdem Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen.
Reden wir über Nahrung, reden wir also über Hunger...
923 Millionen Menschen hungern weltweit und noch nie haben wir Menschen so viel Nahrung produziert wie heute. Was läuft da falsch? Rund ein Drittel der gesamten weltweiten Jahresproduktion geht verloren oder wird entsorgt. Das bedeutet, dass wenn eine 3-Köpfige Familie eine Mahlzeit isst, wirft sie jedes Mal einen Teller voller Essen in den Müll.
Wir können nicht persönlich dafür sorgen, dass 923 Millionen Menschen unbeschränktem Zugang zu Nahrung erhalten. Aber, wir können mit unserem Verhalten zu einer Änderung dieser Zahlen beisteuern. Wir wollen überall zu jeder Zeit alles zur Verfügung stehen haben und wir wollen so wenig wie möglich dafür bezahlen. Wir müssen uns aber Bewusst machen, dass sich diese Erwartungen und dieses Konsumverhalten nur mit schwerwiegenden Konsequenzen für andere Menschen erfüllen lassen. So wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Es gibt genug Reichtum, Arbeit und Nahrung auf dieser Welt, diese Ressourcen werden jedoch nicht gerecht verteilt. Unser System unterstützt Wirtschaftsinteressen, jedoch nicht die Bedürfnisse der Menschen. Nicht die Menschenrechte.
Oft beschuldigen wir unsere Gesellschaft für bestehende Probleme, aber wir sind die Gesellschaft. Es gibt nur 2 Tage im Jahr in denen wir nichts machen können. Ein Tag heißt gestern und der andere morgen. Heute ist also der richtige Tag um zu lieben, glauben, machen und leben. Heute ist der richtige Tag um sich für die Umsetzung der Menschenrechte einzusetzen.

Da wo es menschelt zeigen sich Ungereimtheiten, es können sich aber auch Kooperation, Solidarität, Mitgefühl und Gutherzigkeit zeigen.

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